Sozialisationsphase/Sozialisierungsphase
Zwischen der 4. und 12. Lebenswoche ist Ihr Welpe in einer besonderen sensiblen Entwicklungsphase. Weil in dieser Phase auch das Sozialverhalten entsteht, heißt sie die Sozialisationsphase. Aber es passiert noch viel mehr. In diesem Zeitraum wird die Grundlage für das ganze Leben gelegt. Das Gehirn entwickelt sich sehr schnell und die Entwicklung hängt davon ab, was der Welpe in dieser Zeit erlebt. Je mehr er jetzt kennenlernt, desto besser.
Welpen die während der ersten 12 Lebenswochen wenig Kontakt mit der Umwelt haben, leiden lebenslang an den Folgeschäden. Sie sind oft übernervös und ängstlich, lernen schwer, sind oft krank und entwickeln später häufig Aggressionsprobleme.
Wenn ihr Welpe von einem guten Züchter kommt, hat er dort schon vieles kennengelernt. Geben Sie ihm ein paar Tage Zeit, sich in seiner neuen Umgebung einzugewöhnen. Dann muss das Programm zur Vorbereitung auf ein unbeschwertes Hundeleben begonnen bzw. fortgesetzt werden. Einer der wichtigsten Punkte dieses Programms ist der Besuch einer guten Welpenspielgruppe (kein wildes einfach nur Spielen lassen, nach dem Motto die machen das schon untereinander aus) mindestens einmal wöchentlich. Auch fängt hier und jetzt schon die Erziehung mit absoluter Konsequenz an.
Außerdem gehören Ausflüge in die Stadt, Fahrten mit dem Auto und öffentlichen Verkehrsmitteln genauso dazu, wie fortgesetzte positive Kontakte mit unterschiedlichen Menschen, sowie optischen und akustischen Geräuschen. All diese Dinge müssen auch dann weitergeführt werden, wenn man einen gut sozialisierten Welpen erworben hat. Erst wenn der junge Hund mindestens sechs Monate alt ist, können auch längere Phasen relativer Isolation von der Umwelt ohne dauerhafte Schäden überstanden werden.
Um den Hund nicht zu überfordern, sollten die Ausflüge und Sozialkontakte außerhalb der Familie ein bis zwei Stunden täglich nicht überschreiten.
Die Umstellung und Eingewöhnung in die neue Umgebung bedeutet für das Tier eine harte Stresssituation. Sie sollten ihren Welpen nicht überfordern! Das Alter von acht Wochen entspricht dem eines Kleinkindes.
Die Erziehung beginnt mit dem Tag der Übernahme. Erlauben Sie dem jungen Hund nichts, was sie dem erwachsenen Hund verbieten wollen oder müssen. Ihr Hund wird das, was Sie aus ihm machen. Nervöse, hektische Tiere gehören meistens auch zu hektischen, nervösen Menschen.
Gehen sie ausgeglichen und ruhig mit Ihrem Welpen um, dann wird und bleibt er auch ausgeglichen. Nur ein ausgeglichener und bestimmt geführter Welpe wird später selbstsicher und selbstbewusst.
Vielleicht jammert Ihr Welpe in den ersten Nächten, da die gewohnte Umgebung, Mutter und Geschwister fehlen. Sie sollten Ihren Hund mit ins Schlafzimmer nehmen oder sich für die erste Zeit einen Schlafplatz neben dem Schlafplatz des Welpen einrichten. So können Sie ihn nachts bequem mit ein paar Streicheleinheiten beruhigen und bekommen sofort mit, wenn er unruhig wird, da er mal raus muss.
Jeder Hund wird stubenrein. Wie schnell, liegt an Ihnen. Es sind Konsequenz und Beobachtung notwendig. Beim Züchter hat er die Stubenreinheit noch nicht komplett lernen können, dafür war der Hund zu jung. Tragen Sie morgens den Welpen sofort nach dem Aufwachen nach draußen. Wenn er erst in Bewegung kommt, ist es meist zu spät! Das gleiche gilt nach dem Fressen oder wenn er tagsüber geschlafen hat. Auch nach dem Spielen müssen Welpen oft. Blase und Darm sind noch nicht groß genug um länger auszuhalten. Lassen Sie Ihren Hund am Anfang alle 2 Stunden nach draußen. Nachts sollte man zu Anfang mindestens einmal aufstehen, so dass er auch dann nach maximal 4 Stunden raus kann. Sinnvoll ist es auch den Welpen an eine Gitterbox zu gewöhnen, da es unwahrscheinlich ist, dass er seinen Schlafplatz beschmutzt und sich daher eher bemerkbar macht, wenn er mal raus muss.
Wenn Ihr Welpe doch ins Haus machen sollte, nehmen Sie ihn schnell auf den Arm und bringen ihn zu dem Löseplatz. Schimpfen oder gar schlagen bringt hier nichts, außer dass er lernt, sich beim nächsten Mal so zu lösen, dass Sie es nicht mitbekommen. Wenn sich der Welpe am geeigneten Platz löst, wird er dafür überschwänglich gelobt. Wenn man die erste Zeit gut aufpasst und ihn immer schnell raus bringt, hat man auch schnell einen stubenreinen Hund.
Der Welpe schläft am Anfang noch circa 15 Stunden am Tag. Geben Sie ihm die Möglichkeit, jederzeit seinen Schlafplatz erreichen zu können. Ganz besonders Kindern sollte klar gemacht werden, dass der Hund seine Ruhe braucht und nicht gestört wird wenn er sich zurückzieht. Tagsüber ruht sich der Welpe am liebsten in Ihrer Nähe aus. Deshalb ist es sinnvoll einen Hundeplatz in dem Raum einzurichten, in dem Sie sich meistens aufhalten.
Der Welpe beißt im Eifer mit seinen spitzen Milchzähnen rasch einmal zu, was oft recht schmerzhaft ist. Er ist deshalb aber keineswegs bissig. Ihm fehlt ganz einfach noch die Beißhemmung. Sie ist ihm nicht angeboren, sondern muss durch Erfahrung erlernt werden. „Nein“ oder „Pfui“ bestimmt ausgesprochen hilft. (Wobei ich eher zu „Pfui“ tendiere, denn ein Welpe kann „Fein“ und „Nein“ vom Klang her nicht unterscheiden.) Danach wieder loben. Ziehen Sie nicht die Hand oder das Kleidungsstück weg – die Milchzähne brechen relativ leicht ab und Sie verleiten den Welpen nur dazu, jetzt erst recht festzuhalten. Öffnen Sie dem Welpen den Fang, indem Sie mit der Hand die Lefzen gegen die Seitenzähne drücken, bis sich der Kiefer öffnet.
Spielen Sie viel mit Ihrem Welpen. Er liebt den intensiven Kontakt zu Ihnen, denn Sie sind für ihn der Mittelpunkt der Welt. Als Spielzeug eignen sich alle Stofftiere (Knopfaugen entfernen und nur unter Aufsicht, damit er nicht die Füllung frisst, dieses könnte zu einer tödlichen Darmverschlingung führen), Lederteile oder ein Stück Hartholz. Vorsicht mit Kunststoffen!!! Viele von ihnen, speziell solche mit Weichmachern, werden, falls sie verschluckt werden, von der Magensäure in nadelspitze Kristalle aufgelöst, die den Hund in ernste Gefahr bringen können.
Nach der Folgeimpfung sollten Sie Ihren Hund so viel wie möglich auch mit Artgenossen spielen lassen. Bitte bedenken Sie aber, den Welpen nicht stundenlang spielen zu lassen, da dies Bänder und Gelenke schädigen kann.
Überanstrengen Sie den jungen Hund nicht. Radfahren, Joggen oder Hundesport betreiben sollte er erst mit circa 1.5 Jahren. (Erst nachdem er auf HD und ED geröntgt wurde und feststeht, dass er frei von diesen Krankheiten ist.) Auch das Springen und Treppenlaufen sollte zu Anfang soweit es geht vermieden werden. Mit einem Welpen sollte man lieber oft aber kurz spazieren gehen. Als Faustregel gilt: pro Lebenswoche 1 Minute am Stück (z.B. 8 Wochen alt = 8-10 Minuten; 20 Wochen alt = 20 Minuten).
Lassen Sie den Hund, wenn möglich, ohne Leine laufen (natürlich nur dort, wo keine Gefahren lauern, wie Autos, Züge, steile Uferböschungen, unbekannte oder zugefrorene Gewässer usw). Der Welpe hat am Anfang mehr Angst, dass Sie ihm weglaufen, als umgekehrt. Er lernt so, aufzupassen, wo sein Herrchen/Frauchen ist und ihm/ihr zu folgen.
Es entscheidet sich in den ersten Tagen, ob der Hund bestimmt wo es lang geht oder Sie! Wenn sich Ihr Hund zu weit entfernt, locken Sie ihn, machen Sie sich interessant (Hinhocken, Händeklatschen, Rufen, in die entgegensetzte Richtung entfernen usw.). Laufen Sie nicht hinter ihm her!
Lassen Sie niemals Kinder, auch nicht größere, allein mit dem Hund spazieren gehen. Es können Situationen entstehen, denen Kinder nicht gewachsen sind. Jüngere Kinder sollten NIE ohne Aufsicht alleine mit einem Hund sein.
Retriever sind für die Wasserjagd gezüchtet. Sie schwimmen leidenschaftlich gern und sollten das ganze Jahr über die Möglichkeit dazu haben. Nach dem Schwimmen den Hund möglichst trocken laufen lassen und ihn am Auto oder Zuhause richtig abtrocknen und ihn warm liegen lassen. Hündinnen während der gesamten Läufigkeit nicht ins Wasser lassen.
Retriever sind Apportierhunde. Schon der Welpe kann Ihre Sachen (Schuhe, Spielsachen etc.) mit großem Stolz durch das Haus tragen. Schimpfen Sie dann bitte nicht mit ihm, denn das Tragen ist ihm angeboren. Loben Sie ihn und locken Sie ihn freundlich zu sich und nehmen Sie den Gegenstand ruhig entgegen oder besser tauschen Sie gegen ein Leckerchen oder geeigneten Tragegegenstand. Jagen Sie nicht hinter dem Hund her, sonst lernt er ein neues tolles Spiel, das er immer gewinnt. Zusätzlich lernt er, Dinge die er gefunden hat, vor Ihnen zu sichern, was bei manchen Gegenständen oder Nahrungsmitteln sehr gefährlich werden könnte.
Werfen Sie niemals Stöckchen! Ihr Hund wäre nicht der erste, der sich den Stock durch die Luftröhre bohrt oder sich den Rachen aufreißt. Werfen Sie lieber Bälle, an denen eine Schnur befestigt ist (gibt es gut zu kaufen) und die sich von der Größe her immer dem Hund anpassen sollen (lieber einen größeren Ball als einen zu kleinen), oder anderes geeignetes Spielzeug. Futterdummys sind auch ideal. Ein Tennisball eignet sich NICHT zum Werfen, er könnte im Springen vom Hund verschluckt werden und in der Luftröhre hängen bleiben. Dadurch kann der Hund ersticken.
Kontrollieren Sie einmal wöchentlich Zähne, Ohren, Rute, After und Ballen, damit Sie Ihren Welpen an die entsprechende Prozeduren gewöhnen, um im Notfall an die entsprechenden Stellen heran zu können.
Der Pflegeaufwand eines Retrievers ist relativ gering (außer im Fellwechsel). Das Fell sollte einmal wöchentlich gebürstet/gekämmt werden (sehr gut geht das mit einem ganz normalen Flohkamm) und wenn nötig sollte der Hund getrimmt werden (Rute, Ohren und Füße). Die Ohrmuscheln können sie mit einem weichen Babyreinigungstuch säubern. Bitte keine Wattestäbchen verwenden, da hierbei Verletzungsgefahr droht.
Quelle: Edeltraud Wagner und Laetitia Schlebrowski
01.12.2019